Eilig führten ihre Schritte sie über den Steinboden. Das Klacken ihrer leicht erhöhten Schuhe hallte in den leeren Gängen wider. Nur wenn man genau hin hörte, drangen die vielen Stimmen und die Musik bis hier hoch. Ellenor stoppte und Cara tat es ihr gleich. "Hier Mylady." Die Bedienstete wusste nicht recht wie sie schauen sollte. War es ein schlechtes Zeichen, dass am Tag der Hochzeit der Lady ein anderer Mann im Geheimen auf sie wartete oder war es einfach nur furchtbar romantisch? Also wechselte ihre Mimik von einem Lächeln zu Besorgnis und wieder zurück. Cara wiederum begegnete ihr lediglich mit Neugier und wartete nicht auf ein weiteres Wechselspiel ihrer Züge, ehe sie die Tür öffnete. Man hatte ihr nicht gesagt was sie in dem Zimmer erwartete, aber sie war Lady genug ihre Fassade nicht bröckeln zu lassen. Sie nickte Ellenor noch einmal kurz zu. Ein Zeichen dass sie gehen durfte und schloss die Tür dann hinter sich. "Du bist eine wunderschöne Braut.", hörte sie ihn mit einem Lächeln auf den Lippen sagen. Natürlich war sie das. Sie hatte Stoffe aus Gareth mitgenommen, die nicht starr nach unten fielen, sondern sich an ihren Körper schmiegten. Weiß war eine Farbe, die sie nicht sonderlich mochte. Sie ließ sie blass wirken. Außerdem wirkte nur weiß langweilig. Also veranlasste sie Verzierungen. Abgesteppte Ränder mit goldener Borte und goldene Blumenornamente überall am Kleid. Sie war eine wunderschöne Braut. Und er...war noch am Leben. Er stand vor ihr, galant wie immer, als wäre nie etwas gewesen. Nun da sie allein waren, musste sie sich nicht mehr bemühen förmlich zu bleiben. Sie schritt auf Rowan zu und schloss die Arme um ihn.
Sie lag eng an ihn geschlungen, den Kopf auf seiner Schulter, seine Wärme durch die nackte Haut spürend. Er wickelte eine ihrer blonden Locken um seinen Finger und sie beide hingen ihren Gedanken nach, bis einer von ihnen das Schweigen brach. "Liebst du mich?" Sie furchte die Stirn. "Jetzt werd bitte nicht rührselig, bloß weil du das erste Mal deinen Schwanz...." Nachdrücklich ermahnend, wie er es oft tat, wenn sie begann auszuweichen oder zu spöttisch wurde, schoss ihr Name über seine Lippen. "Tess...lass das und antworte auf meine Frage." Sie seufzte. Fuhr mit einem Finger kaum merklich seinen Brustkorb entlang, bis er ihre Hand fest hielt und sie ansah. Sie wusste dass er sie ansah, auch wenn sie ihren Blick gesenkt hielt. "Auf gewisse Weise." Schmal lächelnd sah sie in Nolans Augen. Seine Wangen waren noch leicht gerötet von der Anstrengung die seine Lust mit sich brachte. Sie hatte ihm gezeigt was einer Frau, ihr selbst, gefiel und schließlich auch was er lieben würde. Schon merkwürdig. Bei dem ersten Gedanken daran mit ihm das Bett zu teilen, wollte sie nicht die Erste sein. Beim zweiten Gedanken plötzlich doch. Und nun war sie es. "Weißt du...wenn du nicht du wärst, hätte ich Angst du würdest vorschlagen gemeinsam abzuhauen." Sein Daumen fuhr über ihren Handrücken. "Würdest du mitkommen?"
Sie tanzten keinen festlichen Tanz. In Ermangelung der Musik bewegten sie ihre Füße nur in kleinen Schritten und sie blieb dicht an ihm. "Wusstest du, dass ich deinen Vater als dumm bezeichnet habe?" Überrascht, aber durchaus anerkennend hob sich eine seiner Brauen. "Tatsächlich? Und du bist noch hier und heiratest einen seiner Söhne? Wie hast du das angestellt?" Er schmunzelte. Sie sah ihm ernst in die Augen. "Ich rettete dein Leben." Nun hielt auch er inne. Bevor er etwas sagen konnte, sprach sie weiter. "Es stellte sich heraus, dass es doch nicht dumm von ihm war zu bleiben. Weißt du...an dem Tag im Tempel, da hätte alles ganz furchtbar enden können. Ich hatte eigentlich vor dich entscheiden zu lassen." Ihr Blick huschte kurz zwischen seinen Augen umher. "Ob du leben oder sterben wolltest. Wäre er gegangen, hätte ich dir von Lynne erzählt. Ihrem und dem Tod der Kinder. Ich dachte...du würdest vermutlich nicht in einer Welt ohne sie leben wollen. Aber er blieb und so konnte ich dich nicht fragen." Sie hielt einen Moment inne und senkte den Blick. "Manchmal...da bin ich ein wirklich schlechter Mensch. Es gab...es gab einen Moment in dem ich tatsächlich dachte...wenn sie nicht mehr ist, wäre dein Herz irgendwann wieder frei. Es war allerdings nur ein flüchtiger Gedanke, der sofort wieder verflog." "Selbst dann...hätte ich dich nur unglücklich gemacht.....
"Nolan...ich habe meine Meinung nicht geändert. Ich würde dich nur unglücklich machen. Außerdem...ist da noch Damian." Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Auch wenn es ihm schwer fiel dieses Gefühl nicht von einem anderen überlagern zu lassen, als sie sich aus dem Bett erhob und in völliger Nacktheit zu ihren Sachen ging. "Und....liebst du ihn?" Hier gab es nun kein Zögern. Kein Ausweichen. "Ja." "Wirst du....ihm hiervon erzählen?" Sie antwortete nicht, sondern zog sich ihre Sachen wieder an. Sie ließ sich Zeit damit, weil sie über die Frage nachdachte. "Ich weiß nicht...vielleicht irgendwann. Im Augenblick auf jeden Fall nicht." Er verzog das Gesicht zu einem schmalen Lächeln. "Piraten, hm?" Sie setzte sich auf die Bettkante und schüttelte den Kopf. "Nein...ich will ihn nicht verletzen. Wir...wir haben unsere Beziehung noch nicht genau definiert. Ich bin Realist. Ich glaube nicht daran, dass man sich ewig körperlich an nur eine Person binden kann. Vorallem als Mann. Ich meine...ich könnte mir schon vorstellen..." Ihre Stirn legte sich in Falten und sie amtete einmal tief durch. "Nein, ich werde es ihm nicht sagen." Nolan sah nun auch nachdenklich aus. "Aber...das solltest du. Ich ging eigentlich auch davon aus das hättest du vorher getan. Jetzt ist es...sowas wie Verrat. Ich bin kein Verräter." Wieder schüttelte sie den Kopf. "Du verstehst das nicht. Ich will nicht dass sich irgendwas ändert. Es ist...viel zu gut, so wie es gerade ist. Diese Sache hier...die würde etwas ändern. Für ihn würde sich etwas ändern. Aber für mich hat es das nicht. Lieber lebe ich mit dem schlechten Gewissen, als zu riskieren, dass..." Er griff nach ihrer Hand. "Mir läge nichts ferner das hier als einen Fehler zu bezeichnen, aber...du hast schonmal einen begangen und dazu gestanden. Vielleicht...denkst du einfach nochmal darüber nach."
"Und bist _du_ nun glücklich?" Rowan lächelte und nickte sachte. "Mehr als ich es mir je hätte träumen lassen. Und du wirst das auch werden. Der Kobold...." Sofort intervenierte sie. "Bitte nenn ihn nicht so." "Daran muss ich mich noch gewöhnen. Nolan also...er hat ein gutes Herz. Er wird versuchen dich glücklich zu machen. Du musst es nur zulassen Cara." Sie nickte langsam nachdenklich und lächelte schließlich, ehe sie einen Knicks machte. "Danke für den Tanz, Ser." Er verbeugte sich galant mit einem Lächeln und sah ihr nach, wie sie das Zimmer wieder verließ. Diesmal allein, schritt sie durch die Flure wieder nach unten. Sie dachte auf dem Weg über seine letzten Worte nach und als sie die große Halle erreichte, sah sie sich suchend um. Sie sah ihren Gemahl an der Tafel sitzend, sich mit ihrem Vater unterhaltend. Es hatte eine Weile gedauert, bis er zumindest das gröbste Misstrauen abgelegt hatte. Ja, ihr Vater war in der Tat nicht begeistert davon seine Tochter einem Trevelyan anvertrauen zu müssen. Aber am Ende war er wohl froh, dass es dieser wurde. Mit einem Lächeln setzte sie sich und legte ihre Hand auf Nolans.
Sie stand auf einem der kleinen Balkone und sah über die Landschaft. Ihre blonden Locken tanzten im Wind, während ihre Hände die Arme hielten und langsam rieben. Eigentlich war es zu kalt um ohne Umhang hier draußen zu stehen. Ihr schien das nichts auszumachen. Aber ihm fiel es gleich auf und so schloss er die Arme von hinten um sie. "Wo warst du? Ich habe nach dir gesucht." Sie antwortete nicht gleich, atmete aber schwerer. Er konnte nicht sehen wie eine Träne die Wange hinab kullerte, aber er hörte das Zittern in ihrer Stimme. "Damian...ich habe einen Fehler gemacht...."
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