"Protokoll wird wieder aufgenommen." Ein kurzer Moment der Stille folgte auf die blecherne Ansage des Droiden, in dem nur das Rascheln von Stoff und ein unterdrücktes Husten von einem der Zuschauer im Konferenzraum zu hören war. Dann ergriff der vorsitzende Admiral mit angespannter Stimme das Wort.
"In dem vorliegenden Fall - das Republikanische Oberkommando gegen Major Jaydan Ashcroft - ist das Gericht zu einem Urteil gekommen. Bitte erheben sie sich für die Verkündung." Stühle wurden gerückt, und ein leises Tuscheln erhob sich auf den Bänken nahe der Tür, das aber verstummte, als der Admiral einen strengen Blick in diese Richtung warf. Dann sah er kurz auf ein Datenpad, das vor ihm lag, und
musterte schliesslich Jaydan.
"Major Ashcroft, in Anbetracht der vorliegenden Beweise, in der Hauptsache den Aufzeichnungen ihrer Einheit, die während des Einsatzes auf Patuu gemacht wurden, sowie den Aussagen des Hauptbelastungszeugen Sergeant Flegg, der zu diesem Zeitpunkt dort unter ihrem Kommando stand..." Jaydans Blick wanderte wieder zur Anklagebank, aber Flex hielt die Augen fest auf den Admiral gerichtet, der in trockenem Ton weiterlas. Jay seufzte, verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuss und verschränkte die Hände vor seinem Körper, als er seine Aufmerksamkeit wieder dem Richter zuwandte.
"...in einer offensichtlichen Fehleinschätzung der vorherrschenden Lage den Tod von 37 Zivilisten verursacht zu haben, weiterhin die Manipulation ihres Einsatzberichtes an das Kommando, und Befehlsmissbrauch gegenüber ihren Unteroffizieren, beides zu dem Zweck, ihr fahrlässiges Fehlverhalten..." - "Was?!" Flex war aufgesprungen, das tiefbraune Gesicht noch eine Nuance dunkler als sonst, und starrte den Richter wütend an. "Fahrlässiges...was, Fehlverhalten? Das war eine Hinrichtung, verstehen sie? Vorsätzlicher Mord!"
Die Stimme des Admirals war kalt und schneidig. "Sergeant, ich habe ihnen nicht das Wort erteilt." Der Lieutenant, der die Anklage vertrat, versuchte, Flex wieder zum Hinsetzen zu bewegen, aber dieser schüttelte den Arm der ihn auf seinen Stuhl ziehen wollte ab, und wandte sich zum Zuschauerbereich. "Hat mir hier überhaupt jemand zugehört? Ich habe ihnen doch genau geschildert, wie es abgelaufen is' damals!"
"SERGEANT!" Mit einem donnernden Poltern liess der Admiral seine Handflächen auf den Richtertisch krachen, als er sich erhob, und eine grosse, bläuliche Zornesader auf seiner Stirn hervortrat. Flex fuhr erschrocken herum, und selbst die andern Anwesenden - Jay eingeschlossen - zuckten zusammen.
"Sie nehmen au-gen-blick-lich wieder ihren Platz ein, oder ich lasse sie in Handschellen rausbringen!" Seine Stimme war nun wieder leise, aber die Schärfe darin hätte Metall schneiden können. Flex verharrte einen Moment, während sein Mund sich öffnete und wieder schloss, und warf auch einen kurzen Blick auf Jaydan. Der lächelte ihn breit an und wippte aufmunternd mit den Augenbrauen. Flex verengte wütend die Augen, liess sich aber wieder in seinen Stuhl sinken. Der Admiral senkte den Blick wieder auf sein Datenpad, als wäre nichts geschehen.
"...ihr fahrlässiges Fehlverhalten gegenüber ihren Vorgesetzten zu vertuschen." Es kam Jaydan so vor, als betone der Richter die ersten Worte, allerdings sah er dabei nicht von seinem Pad auf. Flex jedoch krallte sich mit beiden Händen an der Tischkante fest, als wolle er sie abreissen. Jay grinste wieder.
"Aus diesem Grund, wird Major Ashcroft mit sofortiger Wirkung bis auf Widerruf vom Dienst im Republikanischen Militär entbunden. Desweiteren wird er in den Rang eines Lieutenants degradiert, und erhält für die Zeit seiner Suspendierung auch nur den diesem Rang entsprechenden Notversorgungssold."
Jaydan verleierte entnervt die Augen und schüttelte den Kopf, was aber niemand mitbekam, da Flex in diesem Moment wieder aufsprang und nun seinerseits mit der Faust auf die Tischplatte hieb. "WAS?! Das kann doch nicht ihr Ernst sein!"
Der Admiral sah diesmal nicht auf, sondern machte nur eine Handbewegung in Richtung der Anklagebank, woraufhin sich zwei Wachsoldaten in Bewegung setzten, während er weiterlas.
"Desweiteren ist das Gericht übereingekommen, nach Abschluss dieser Hauptverhandlung drei Nebenprozesse gegen Lieutenant Conelly, Sergeant Wilak und Sergeant Flegg zu eröffnen..." Er hob seine Stimme, um den tobenden Flex zu übertönen, der gerade von den beiden Soldaten nach draussen geschoben wurde. Jay grinste nun wieder. Dieser Idiot. Flex war gut im Einsatz, und wenn es um Sprengstoffe ging, machte ihm niemand in der Galaxis was vor, aber...er hatte nie wirklich verstanden, worum es beim Militär eigentlich ging. Das einzige, was diese alten Säcke mit ihren klimpernden Orden und funkelnden Abzeichen noch mehr störte, als missachtete oder falsche Befehle, waren Leute, die ihre eigenen Kameraden wegen sowas vors Militärgericht schleiften, und dann auch noch so dumm waren, sich vor die Presse zu stellen. Jay schmunzelte noch, als die Tür sich wieder schloss, lehnte sich zurück, überschlug die Beine und faltete seine Hände auf dem Oberschenkel ineinander, während der Admiral seine eintönige Ansprache runterspulte.
Tja...vielleicht hätte der gute Flex seine eigenen Worte beherzigen sollen..wie waren sie doch genau gewesen? Es war direkt nach ihrer Landung gewesen, damals auf Patuu...
I've got my knife right by my side.
I keep it warm, I hold the blade.
I want to keep watch, keep hold
for when they come to take my soul away.
"Jetzt hab ich echt keinen Bock mehr."
Jaydan, der in diesem Moment auf die Verladerampe trat, auf der schon eine Handvoll seiner Soldaten stand, liess seine Ausrüstung zu Boden sinken und schob sich zwischen ihnen hindurch, um selbst einen Blick nach draussen zu werfen. Die schlammige Lichtung, die etwa 100 Meter vor ihrem Landeplatz in den Dschungel gefräst worden war, sah tatsächlich wenig einladend aus, genauso wie die Standard-Kolonisierungs-Container, die man den Siedlern dort anscheinend als Behausung abgeworfen hatte. "Schaut euch nur diese Schweinepferche an..." fuhr der Sprecher fort, und schüttelte angewidert den Kopf. Jaydan dachte zwar genauso, schaute dann aber trotzdem ernst zu dem Soldaten. "Immerhin riechts in diesen Baracken besser als in ihrer Kajüte, MacPhilly. Selbst in denen, wo tatsächlich Schweine drin sind." Die Männer lachten - mit Ausnahme des Angesprochenen - und drehten sich dann um, als eine neue Stimme aus dem Hintergrund auftauchte.
"Hey..macht euch keinen Stress Leute." Flex kam ächzend zur Rampe gestapft, dabei eine grosse metallene Kiste hinter sich herziehend. "Wir gehn da raus, helfen diesen armen Schwei..äh.." - er fuhr in seiner besten General-Chang-Imitationsstimme fort " 'mutigen Pionieren' da draussen, und übermorgen um die Zeit sitzen wir schon wieder
im Red Crystal und denken gar nicht mehr an dieses Sumpfloch hier." Mit einem weiteren Ächzen liess er die Kiste absinken, setzte sich darauf und grinste die Anderen an.
"Das ist die richtige Einstellung." Jaydan griff wieder nach seiner Ausrüstung und warf sie sich mit einer Hand über die Schulter. "Zeit sich da draussen mal umzusehen...MacPhilly, sie bleiben hier und helfen dem Sergeant sein Spielzeug zu verladen. Alle andern die fertig sind kommen mit."
Wenige Minuten später bahnten sich 5 Paar Standardkampfstiefel der Republik - eins davon in Frauengrösse - und zwei metallische Droidenfüsse ihren Weg über den sumpfigen Boden. Als sie die ersten Wohncontainer erreichten, konnten sie die grösstenteils unsicheren oder gar verängstigten Gesichter der Menschen ausmachen, die sich an ihren Türen und Fenstern drängten, und die Neuankömmlinge beobachteten. Als sie in etwa die Mitte der kleinen Siedlung erreicht hatten, blieb Jaydan stehen und drehte sich zu seinen Soldaten um. "Okay...ein festlicher Empfang wird das wohl nicht mehr. Private Kenley?" Die zierliche Technikerin mit den kastanienbraunen Haaren sah ihn erwartungsvoll an. "Sir?" - "Machen sie den Droiden bereit, und schicken sie ihn dann eine kleine Runde." Die Soldatin nickte und begann, mit geübten Handgriffen an der Maschine zu hantieren. Jaydan schickte die anderen Soldaten auf einen Rundgang, und schaute ihr dann zu, bis er eine Berührung an seinem Bein spürte. Als er hinuntersah, erblickte er ein kleines, dunkelhaariges Mädchen, dessen Gesicht mit Sommersprossen übersät war. In den Händen hielt sie eine kleine Puppe, die wie ein Droide aussah, dem sie unsinnigerweise ein Schal oder ein Halstuch umgebunden hatte.
"Is das deiner?" fragte sie schüchtern, als er zu ihr hinabsah, wobei sie ein Auge zusammenkniff wegen der hellen Sonne am Himmel, und zeigte auf den Droiden, an dem Sarah grade noch werkelte. Die Technikerin sah bei der Frage ebenfalls auf und lächelte leicht. Jay hob eine Braue und drehte den Kopf wortlos weg von der Kleinen, um den Rand des Dschungels zu betrachten. Nach etwa einer halben Minute spürte er jedoch, wie wieder eine kleine Hand auf seine Beinpanzerung klopfte. "Is das da deiner?" fragte das Mädchen wieder, und reckte diesmal noch ihre Droidenpuppe vor ihm in die Höhe. "Ich hab auch eine, da!"
Jay sah zu Sarah. "Private...entfernen sie das da." Die junge Frau sah von ihren Steuerinstrumenten auf und runzelte die Stirn, während sie sich umsah, offensichtlich nicht erkennend, was ihr Vorgesetzter meinte. "Was?" - "Diesen Zivilisten, Private." - "Was is ein Zivi...zilist?" tönte die Stimme der Kleinen von unten. Sarah lachte leise auf.
"Äh..Major? Das ist doch nur ein kleines Mädchen." Mit einem leichten Tock-tock-tock klopfte die Kleine wieder auf seine Beinpanzerung. "Is das nun deiner oder was?"
Jaydans Kiefer knackten leicht, während er seine Technikerin weiter musterte, ohne etwas zu sagen. Private Kenley rollte schliesslich die Augen und seufzte, während sie nach der Hand der Kleinen griff. "Na komm, der grosse Mann ist grade beschäftigt. Zeigst du mir wo du wohnst?" Die Kleine nickte und liess sich von Sarah wegführen, hin zu einem Haus, aus dem in diesem Moment auch eine besorgte Frau gelaufen kam und sich hektisch umschaute. Jay atmete tief aus und sah den beiden kurz nach. Das Mädchen drehte auf halber Strecke noch einmal kurz den Kopf, und warf ihm einen scheuen Blick zu, wandte sich aber hastig wieder um und klammerte sich fest an Sarahs Hand, während sie mit dem anderen Arm ihre Puppe an ihren Körper presste.
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