Divine Cast
02.05.2012
Momper
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Zwei Männer und eine Frau erwachen in einem Lieferwagen, der scheinbar eben erst durch einen Unfall auf die Seite gekippt ist. Alle drei tragen einheitliche, graue und eng anliegende Neoprenanzüge und gleichfarbige Stiefel. Der ältere der beiden Männer hat die 40 wohl bereits knapp überschritten. Der andere ist ein paar Jahre jünger. Eine ernste Nickelbrille sitzt in seinem Gesicht. Die Frau ist die jüngste des Trios. Sie alle haben leichtere Schürfwunden, aber da keiner von ihnen auch nur blutet, scheinen sie den Unfall glücklich überstanden zu haben. Allerdings kann sich keiner der drei an irgendetwas vor dem Erwachen im Unfallwagen erinnern. Seltsam ist außerdem die Zahl, die jeder von ihnen auf den linken Handrücken tätowiert hat. Die junge Frau trägt die Nummer 87. Der ältere der beiden Männer ist mit Nummer 91 gezeichnet, der jüngere mit einer 93.
Die Dinge werden absonderlicher, als ein Geräusch an ihre Ohren dringt, das an kreischende Affen erinnert. Als dann die Tür zum Laderaum geöffnet wird, blicken die drei in das Gesicht einer seltsamen Kreatur, die aussieht wie eine absurde Mischung aus einem kindsgroßen Affen und der Darstellung eines irischen Kobolds. Zudem trägt die Gestalt auch noch ledrige Flügel auf dem Rücken und kann zu allem Überfluss noch sprechen. Weitere Affenkobolde kommen hinzu, bis der Anführer der Kreaturen, der von den anderen als Gizmo bezeichnet wird, seine Gruppe als Böse Bande vorstellt. Offenbar hat die Böse Bande den Unfall verursacht. Zu weiteren Erklärungen kommt es nicht, als das Geräusch herannahender Polizeisirenen zu hören ist. Mit lautem Gekreische flattern die Affenkobolde davon und lassen die drei im Wagen noch verwirrter zurück.
Das Eintreffen der Polizei weckt zumindest in den beiden Männern einen seltsamen Fluchtinstinkt. Nummer 91 schlägt einen Passanten nieder und stiehlt dessen Fahrrad, Nummer 93 flüchtet in die Anonymität eines angrenzenden Bürohochhauses. Allein Nummer 87 wartet ab und steigt sogar geduldig in das Polizeiauto, auch wenn die junge Frau es seltsam findet, dass zuvor die Nummer auf ihrem Handrücken von einem scheinbar eigens dafür vorgesehenen Lesegerät aufgenommen wurde.
Nummer 93 findet sich rasch in einem erstaunlich bienenschwarmähnlichen Gewühl aus Büroangestellten wieder, die wie Maschinen funktionieren, und bald hat er nicht nur weitere Polizisten, sondern auch den Sicherheitsdienst des Gebäudekomplexes auf den Fersen.
Nummer 91 fährt unbehelligt mit dem gestohlenen Fahrrad davon und spricht Passanten an. Alle Menschen, die er sieht und anspricht, scheinen gut gelaunt und glücklich zu sein. Allein die Tatsache, dass bei allen die Beantwortung diverser Fragen nach eigener Auskunft nicht vorgesehen ist, erweckt in dem Mann allmählich des Gefühl, es mit Robotern zu tun zu haben. Nach kurzer Fahrt entdeckt er ein verräterisches Schild, das ihn schließlich zu Recht vermuten lässt, dass er in dem damit markierten Gebäude die Böse Bande finden kann. Da die seltsamen Affenkoboldkinder bisher die einzigen waren, die ihm nicht wie ferngesteuerte Maschinen vorkamen, nimmt er Kontakt auf und fordert sie auf, sie mögen ihm die ganze verdammte Situation mal erklären. Die Böse Bande erklärt sich bereit dazu, ist ihrerseits aber misstrauisch und vermutet, Nummer 91 könne ein Spion von jemandem namens Goldkrone sein – der seinerseits hinter der Bösen Bande her ist – und darum fordern sie zuerst eine Bezahlung in Form von zwei Herzen. Ohne darüber nachzudenken geht Nummer 91 los und begibt sich auf die Suche nach Opfern.
Nummer 93, der inzwischen unter dem Ärmel des linken Armes eine weitere Tätowierung entdeckt hat – das Wort CREDO -  ist es derweil nicht nur gelungen, seinen Verfolgern zu entkommen, er schafft es außerdem, das Mädchen mit der Nummer 87 aus dem Polizeiauto zu holen. Sie begeben sich auf den Weg zu einem Krankhaus. Und auch ihnen drängt sich das seltsame Gefühl auf, es mit Robotern zu tun zu haben. Als schließlich erneut die Polizei auftaucht, entkommen sie durch die Badezimmerfenster des Hospitals.
Auf der folgenden Erkundungstour bringen alle drei getrennt in Erfahrung, dass die Stadt, in der sie sich befinden, zwar entfernt an eine westliche Großstadt erinnert, aber den Namen Kemet trägt und zur Welt Khem gehört. Dass es sich hierbei um altägyptische Bezeichnungen handelt, wird noch durch die kleine Pyramide untermauert, die an allen Ecken und Ende von Kemet prangt.
Als es Abend wird, machen die drei – wenn auch getrennt voneinander – eine weitere seltsame Entdeckung. Mit Einsetzen der Dämmerung bis hin zur Dunkelheit verharren alle Menschen an der Stelle, an der sie eben noch gewesen sind – viele lassen einfach ihr Auto stehen und begeben sich auf die Straße – und legen sich zu einem Gebet auf Knie und Stirn.
Gerade will Nummer 91 einen der Betenden in eine Seitengasse ziehen, als er bemerkt, wie die kauernde Position, die er innehat, eine Erinnerung hervorzieht. Er konzentriert sich darauf und spürt schon gar nicht mehr, wie sein Gesicht auf dem Boden aufschlägt:
Nummer 91 sitzt in einem italienischen Restaurant. Einer der Jungs – der ihn mit Mickey und Michele anspricht - kommt hinzu und berichtet davon, wie ein Job gelaufen ist. Offenbar ist Nummer 91 Mitglied einer mafiösen Gruppierung. Doch noch ehe die beiden die Unterhaltung beenden können, betreten Polizisten das Lokal und steuern zielsicher auf Michele zu. Dann werden Handschellen angelegt, und Michele wird abgeführt, laut zeternd, weil sein Essen jetzt kalt wird.
Michele kommt wieder zu sich, als eine Frau an ihm rüttelt. Und schon hat er sein erstes Opfer gefunden. Er besorgt problemlos auch das zweite Herz und macht wieder eine seltsame Entdeckung: Ganz gleich, wie tief er auch schneidet, keiner der Menschen hier scheint überhaupt Blut zu haben. Und als er schließlich brutal den Brustkorb seines ersten Opfers öffnet, entdeckt er darunter keine Organe, sondern nur Schwärze, die von einem grünen Gitternetz durchzogen ist. Ohne es zu wissen, erblickt er zum ersten Mal das Mesh. Zudem handelt es sich bei dem Herzen um einen apfelgroßen, kristallinen Ball.
Auf dem Weg zum Treffpunkt mit der Bösen Bande trifft er schließlich wieder auf die anderen beiden, die ihrerseits selbst das Gebäude gefunden haben. Und tatsächlich will Gizmo – jetzt in Gestalt eines kleinen Jungen mit einem blonden Irokesen - gerade beginnen, ihnen ein paar Fragen zu beantworten, als das Mädchen mit der Nummer 87 aus unerfindlichen Gründen in sich zusammenklappt.
Sie schlägt die Augen auf und findet sich in einem Alptraum wieder. Sie selbst scheint sich in einer mit klarer Flüssigkeit gefüllten Röhre zu befinden. Ihr Gesicht ist mit einer Atemmaske bedeckt. Ein Stück vor sich – nicht in einer Röhre – hebt ein Mann erschreckt den Kopf und blickt zu ihr. In seinen kreisrunden Brillengläsern wird das Licht der Säulen – denn es befinden sich mehrere hier – reflektiert. Panisch beginnt er, auf einer Tastatur herumzuhämmern. Und noch ehe das Mädchen wieder das Bewusstsein verliert, fällt ihr Blick auf eine der anderen Röhren neben sich. Darin befindet sich die Gestalt eines jungen Mannes, den sie nicht nur kennt, sondern dessen Anblick in ihr eine Erinnerung an die Oberfläche kommen lässt:
Nummer 87 ist taub. Sie befindet sich in einem Club. Sie kann die Bässe der Musik spüren. Und sie sieht in das Gesicht des jungen Mannes. Er nennt sich MOT – Moment Of Truth. Sie nennt sich Dub Zero wegen ihrer Taubheit. Sie liest die Lippen von MOT, und er schlägt einen Moment der Wahrheit vor. Er will wissen, wie sie wirklich heißt, dann verrät er ihr auch seinen Namen. Beide sind Hacker, und echte Namen machen angreifbar. Aber sie lässt sich darauf ein. Sie heißt Kate, sagt sie. Er heißt Tom, sagt er. Und er weiß, wie billig sein Hackername ist. Dann tanzen beide, und sie kann spüren, wie glücklich sie das macht. Und wie wichtig es ihm ist, dass sie ihn mag. Dann verliert sie wieder das Bewusstsein und erwacht erneut in Kemet.
Zeitgleich erfüllt Gizmo seinen Teil der Abmachung. Er eröffnet den beiden Männern, dass alles um sie herum nichts weiter ist als berechnete Geometrie. Sie befinden sich in einer hochrealistischen virtuellen Umgebung, angeführt von einer Gruppe von fünf Menschen, die im Netzwerk als Götter verehrt werden. Natürlich sind Gizmos Ausführungen stets durchwirkt von diversen recht platten, manchmal auch schneidigen Beleidigungen. Dieser Junge – und die anderen fünf Mitglieder der Bande, die nun ebenfalls wie Kinder aussehen – scheint keinen Respekt vor irgendwem zu haben. Gizmo verrät den beiden Männern allerdings auch noch ein paar lebenswichtige Dinge: Die meisten anderen hier sind Bots – Programme von verschiedener Komplexität und Sinn. Einige sind User, echte Menschen, die nicht wissen, was vor sich geht. Und er gibt den beiden den Ratschlag, niemandem die Nummer auf dem Handrücken zu zeigen, denn sie gibt anderen Macht über den Träger. Dann zeigen alle Mitglieder der Bösen Bande ihre Handrücken, die vollkommen vernarbt sind. Offenbar haben sie sich die Nummern weg geschnitten. Er empfiehlt ihnen, das gleiche zu tun, denn die Fünf werden niemals aufhören, sie zu jagen.
Wie aufs Stichwort erscheint ein kranichartiger Vogel auf dem Dach des Hauses, der die Kinder und die drei Erwachsenen offenbar entdeckt hat und nun Rufe ausstößt. Während Gizmo und seine Bande im Haus verschwinden, raten sie den dreien noch, bis zum Ende der Welt zu gehen, an Orte, an die niemand geht. Dort werden sie den Weg in andere Welten finden. Die drei brechen ein Auto auf, und während sie ziellos starten, entdeckt Credo, wie er sich jetzt in Ermangelung besserer Namen nennt, dank seiner neuerdings seltsam erhöhten Wahrnehmung einen Verfolger, der entfernt an Robocop und gleichzeitig an eine altägyptische Götterdarstellung erinnert. Als jener Bursche dann metallische Flügel ausfährt und im Nachhimmel über ihnen verschwindet, geraten die drei in Panik. Doch ehe es zum erwarteten Zusammenprall mit dem unbekannten Jäger kommt, bricht der Highway, auf den sie sich geflüchtet hatten, jäh ab und gibt den Blick auf das angrenzende Mesh frei. Die drei springen in die schwarze Bewusstlosigkeit, wechseln die Welt und sind ihrem Verfolger fürs erste entkommen.
Während des Übergangs taucht auch in Credo eine Erinnerung an die Oberfläche:
Er befindet sich in einem Lager auf dem Boden irgendeines arabischen Wüstenlandes. Er muss einen Hindernissparcour bewältigen. Erschöpft trottet er schließlich zu dem Mann namens Melvin, der ihn hierher geholt hat. Melvin weiß, dass er Chris heißt, aber jeder von den Paramilitärischen hat einen Decknamen. Er soll bei Credo bleiben. Und dass es besser wäre, er würde körperlich fitter werden, sagt Melvin. Und dass er ihm jemanden vorstellen müsse. Credos Erinnerung endet, als er unter Wasser wieder zu sich kommt.
Die drei Flüchtigen finden sich wieder auf einer karibischen Insel, und der Ärger lässt nicht lange auf sich warten. Michele und Kate streiten sich lautstark, und schließlich ist es Credo, der entdeckt, dass sie von dunkelhäutigen Inselbewohnern beobachtet werden. Es dauert nicht lange, da steigen Rauchsignale zum Himmel auf. Die Schutzsysteme greifen. Kate, Michele und Credo verschwinden im dichten Unterholz.
02.05.2012 17:15
Ach schön..dass du das alles noch so genau weisst!
P.S. Nummer 91 ist ein Monster!! :D
03.05.2012 10:55
Und Nummer 87 maacht nichts als Ärger. Jawohl.
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