Die Menschen nannten ihn Forke oder einfach bei seiner Rasse. Er wusste selbst nicht warum, er war ja kein Gartengerät. Die anderen Raben nannten ihn Ältesten. Aber als Ältester war er nicht geboren. Bei seiner Geburt nannten ihn alle nur „Schrei“, aber dies war lange her.
Sein Auge blickte durch das Fenster weit durch die Straßen der Stadt. Die Stadt veränderte sich während er hier saß. Er spürte es.
Hinter ihm saßen drei Menschen an einem eckigen Tisch, wie er in Häusern für Kranke üblich war. Es war dunkel in dem Raum. Eine kleine Tischlampe bildete einen Lichtkegel auf dem Tisch und erhellte eine Karte der Stadt. Verschiedene Gebiete waren blau markiert, andere grün und drei Gebiete waren rot schraffiert. Diese roten Gebiete lagen dicht beieinander und man hätte sie mit nur einem Strich zu einem Gebiet verbinden können. Um die Karte herum lagen verschiedene Zettel verstreut. Die drei Menschen blickten ratlos darauf. Ihre Augen waren von dunklen Ringen umgeben, als hätten sie eine lange Zeit nicht geschlafen. Die Stille war wie ein Schleier, ein Schleier der Verwesung und er lag über einem Schlachtfeld der Hoffnungen. Dann regte sich einer von ihnen, der eine Brille trug.
„Wie können wir sie wieder schließen? Ich meine...“ er räusperte sich. „... wir können hier noch Stunden und Tage diskutieren warum sie offen sind, aber wie können wir sie schließen?“
Durch die anderen Personen schien wie ein Ruck zu gehen. „Nun...“ sagte der Bärtige. „Wir könnten ein Ritual machen.“ dabei blickte er zu dem dritten am Tisch. Dieser war ausgemergelt und seine Augen waren hell.
„Wie stellst du dir das vor?“ Er sprang auf, wobei ein Stuhl nach hinten kippte. „Dies hier ist kein Kinderspiel. Wir können nicht einfach einen Magier Level 21 schicken und alles ist gut!“ Er wirbelte mit den Händen in der Luft herum... „Dies ist real! Noch sind nur ein paar Katzen tot, aber bald werden es mehr sein!“ … und lief einige Schritte zur Seite um zurückzukehren und mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. „... und dabei haben wir noch Nichts, noch gar Nichts von den Hunden gehört! Die Ratten könnten schon längst ausgerottet sein! Und wir wissen immer noch nicht wer der menschliche Wächter ist! Es könnte jeder beschissene Penner sein!“ Er verharrte und rieb sich die Augen.
Der Mann mit der Brille blickte ihn an. „Beruhige dich! Es muss einen Weg geben sie wieder zu schließen. Was ist mit Dr. Norris?“
Der Bärtige schüttelte den Kopf. „Sie wurde angerufen von Jemanden, der etwas beobachtet hat. Graham ist sein Name, schwarz 27 Jahre alt, Computernerd mit Verfolgungswahn, der gegen seine Neurosen mit Hanf ankämpft. Er war mal hier in Behandlung. Es scheint aber als hätte Norris keine neuen Informationen. Sie kann unmöglich irgendetwas schließen! Sie hat es vielleicht gesehen, aber bei ihren Psychosen wäre ich mir da nicht sicher.“ Der Brillenträger blickte zu Boden und schüttelte lautlos den Kopf. Der Hagere stützte sich mit seinen knochigen Hände auf dem Tisch auf, so dass seine Knöchel hervortraten, und blickte starr auf die Karte.
„Gleich...“ dachte er am Fenster. „Gleich werden sie auf mich kommen.“ Wieder hatte er dieses Gefühl. Menschen konnten diesem Gefühl Ausdruck verleihen, er nicht. Aber wenn er ein Mensch wäre, dann hätte er jetzt gelächelt.
Der Kopf des Brillenträgers richtete sich auf ihn, wie er am Fenster stand. „Der Rabe könnte etwas wissen!“ Alle drei Gesichter blickten stumm zu ihm, dem kleinen schwarzen Vogel. Er krächzte und streckte den linken Flügel aus. Der Hagere nickte in Richtung Tür und der Brillenträger ging hin und stellte sich mit dem Fuß dagegen. Die beiden Anderen kamen näher. Der Bärtige fing an eine Formel zu murmeln und seine Hände um sich herum zu bewegen bis die Luft von einem Glittern erfüllt war. Forke kannte diesen Zauber. Sie wollten reden.
„Was weißt du über das schließen der Tore, Rabe?“ fragte der bärtige Mann in einer Art künstlich sonorem Singsang, der völlig unnötig war. „Antworte wahrheitsgetreu, denn du bist gebunden an den Zauber, Rabe.“ Er hasste es, wenn der Bärtige seine Zauber erklärte. Er hörte sich zu gerne reden.
„Sie können geschlossen werden wenn der Rat zusammenarbeitet.“ krächzte er wahrheitsgemäß.
„Wie soll dies geschehen, Rabe?“
„Der Rat veranlasst seine Hüter zusammenzuarbeiten und diese reden mit Denen der anderen Seite in einem Ritual.“ Er versuchte nicht gegen den Zauber anzukämpfen. Es war nicht wichtig was sie wussten... nicht mehr.
„Gibt es einen anderen Weg, Rabe?“
„Ja.“ krächzte er.
„Kannst du BITTE die Fragen wenigstens genauer stellen?“ der Hagere hatte sich kaum noch unter Kontrolle.
„Nenne mir den anderen Weg die Tore zu schließen, Rabe.“
„Man kann sie zerstören, Mensch.“ Langsam fing er an es zu hassen bei seiner Rasse genannt zu werden.
Beide Männer blickten ihn verdutzt an. Sie verstanden die Trotzreaktion völlig richtig. Der Hagere verengte die Augen: „Frag ihn wer die Tore geöffnet hat.“
Der Bärtige runzelte die Stirn: "Er kann es unmöglich..."
"TU ES!" fuhr der Hagere ihn an.
Der Bärtige wendete sich zurück: „Wer trägt die Verantwortung für das Öffnen der Tore, Rabe.“
Es hatte keinen Zweck mehr zu spielen. „Ich.“ krächzte er.
Die Augen der beiden weiteten sich ins schier Unermessliche.
Forke schlug mit den Flügeln und erhob sich vom Fenster. Starr folgten die Augen der Männer seinen Bewegungen als die Fensterscheibe einer riesigen Gestalt aus Fell und Muskeln nachgab.
Der Rest schien wie in Zeitlupe abzulaufen.
Die zerborstene Glasscheibe erfüllten den Raum wie ein tödlicher Regen. Hinter der Bestie krochen zwei weitere Gestalten durch die Überreste des Fensters. Die beiden Menschen versuchten sich umzudrehen, ihre Arme zum Schutz vor das Gesicht haltend. Der Hagere wurde von der großen Gestalt mit einer Hand an den Hüften gepackt. Unter ihrer beiden Schreie schloss sie sich, bis nach einem Knacken der Oberkörper einfach nach hinten wegkippte.
Der Bärtige kam zwei Schritte weit, als eine der anderen Gestalten von hinten auf sie Sprang, mit den Beinen den Torso umklammerte und mit seinen Krallen den Schädel des Bärtigen malträtierte. Dies dauerte eine ganze Weile, da der Bärtige sich zu wehren versuchte. Sie stießen im Raum umher, selbst als der Schädel offen war und das Gesicht der Gestalt mit rot glühenden Augen den Inhalt verspeiste. Das Licht erlosch, als die Tischlampe zu Boden fiel.
Der Mensch mit Brille versuchte die Tür zu öffnen, als ein Tentakel seinen rechten Arm umschlang. Er stemmte sich mit aller Kraft dagegen, die linke Hand an der Türklinke. Als die ersten Finger sich von der Klinke zu lösen schienen fiel der Arm einfach ab. Die Gestalt, deren Zunge der Tentakel war, fiel rückwärts durch das Fenster, als der Mensch durch die Tür verschwand.
Die große Gestalt blickte sich in dem Raum um. Das einzige Licht kam durch die offene Tür und dem beleuchteten Flur dahinter. Forke hatte sich verschleiert um dem Kampf zu entgehen und lauschte nun dem Gespräch.
„Hinterher?“ fragte eine Stimme aus dem blutverschmierten Anderen. „Nein“ sagte die riesige Gestalt und blickt sich weiter im Raum um. „Wir müssen den Raben finden.“ Nun blickten sich beide um. Die dritte Gestalt kam durch das Fenster wieder hineingekrochen. Zu dritt stießen sie Schränke beiseite und suchten und suchten. Dann erschien eine Person in der offenen Tür. Sie trug eine blaue Uniform und hatte seine Waffe gezogen. „Hände ho... Ach du Scheiße!“ Die Waffe donnerte acht mal in den Raum hinein während sein Schütze die Augen fest verschlossen hatte. Als er sie wieder öffnete waren die drei Gestalten verschwunden, durch das Fenster, wie Forke gesehen hatte. Der Mensch in der Tür viel auf seine Knie und blickte starr in den Raum. Forke saß auf einem kleinen Regal in dem ein paar Bücher standen. Mit Zufriedenheit betrachtete er das Schlachtfeld unter sich. Er war ein Rabe und Raben fühlten sich auf Schlachtfeldern stets zuhause. Nur eine Sache beunruhigte ihn. Wieso suchten sie ihn?
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